28. Juni 2012
"tato dvandvanabhigatah":
Dadurch verlieren die Dualitäten ihre Wirkung.
Das dynamische, lebendige
Weltall ist erfüllt von unüberwindbaren Dualitäten (
dvandva).
Dvandva
bedeutet "die Zwei-Zwei". Dies ist das Wort für die Polaritäten in unserem
Leben wie Erfolg-Misserfolg, heiß-kalt, oben-unten, ein-aus, Lob-Tadel, männlich-weiblich
oder Sonne-Mond. Hatha Yoga ist die physikalische Wissenschaft über die Balancierung
von diesen gleichen, jedoch in sich oppositionellen Energien. Diese Polaritäten
sind die Kräfte der Natur im konstanten und dynamischen Fluss. Wenn wir uns gegen
diese Kräfte stemmen und dadurch instabil sind, werden Störungen in sämtlichen
Bereichen unseres Lebens auftreten; körperlich, mental, emotional oder psychisch.
Maharishi Patanjali versichert uns, dass wir die Wirkungen von den Polaritäten
überwinden werden, wenn wir das Asana vervollkommnen. Wie ist dies möglich? Das
Asana kreiert gleichzeitig die Ebenen der Festigkeit und der Leichtigkeit. Wenn
wir diese angenehme Ebene der Leichtigkeit erreichen,
sukha stanam, werden
alle Polaritäten ihre Wirkung in uns verlieren.
Dvandva kann ihre Wirkung
nur entfalten, wenn wir in einer instabilen Lage leben.
Lord Krishna
berichtet über diese ideale Balance,
stitha prajna, in der Bhagavad Gita.
Er betont die Wichtigkeit von der emotionalen Unberührtheit gleichermaßen gegenüber
Erfolg und Misserfolg. Krishna beschreibt den Menschen als
stitha prajna,
wenn er alle Leidenschaften, Angst, Zorn, Habsucht und Egoismus überwunden hat.
Lord Krishna sagt noch zu Arjuna: "Wer gegenüber Freund und Feind gleichgesinnt
bleibt, in Ehre und Unehre, Kälte und Hitze und in Lust und Leid, wer frei vom
Anhaften ist, wem auch Tadel und Lob gleich sind, wer schweigsam ist, mit allem
zufrieden, ohne Zuhause, festen Sinnes: der Mensch, der mich so hingebend liebt
- er ist mir lieb".
Ein Vergleich bieten die physiologischen Prinzipien
von Agonist und Antagonist im Bewegungsapparat. Aber Maharishi Patanjali begrenzt
sein Konzept nicht auf die physische und physiologische Ebene. Für ihn beruht
das ganze Yoga auf dem Geist. Kein Wunder, dass er so ein guter Psychologe ist.
Wenn der Körper ein tiefes Verständnis hat für die natürliche Balance, werden
die Emotionen und der Geist ebenfalls zur inneren Balance streben. Der Körper
ist ein Werkzeug, mit dem man Änderungen im Geist erarbeiten kann. Dies ist ein
Beispiel dafür, wie
soma (der Körper) die
psyche (den Geist) beeinflussen
kann, um eine psychosomatische Harmonie zu erzielen. Geist und Körper bewegen
sich wechselseitig, eine Änderung beim einen wird auch beim anderen eine korrespondierende
Veränderung bringen.
Die universellen Dualitäten werden immer existent
sein, ob wir sie mögen oder nicht. Das Einzige, was wir tun können, ist sie und
ihre Effekte auf uns zu übersteigen. Wir können die Realitäten des Lebens nicht
verändern, aber unsere Einstellung diesen gegenüber. Das ist das Konzept
dvandvateetha.
Dieser Prozess ähnelt den Videospielen, in denen der Spieler lernt, sich von einer
Ebene zur nächsten, schwierigeren zu bewegen. Swamiji sagte: "Du kannst Deine
Probleme nicht vernichten, aber aus ihnen herauswachsen." Er sagte auch:
"Das Leben führt einen stets von einem Problem zum anderen, also bleibe beweglich.
Ändere, was Du ändern kannst und akzeptiere das, was für dich unveränderbar bleibt!"
Das ist ein exzellentes Motto.
Über das Asana sind insgesamt nur 4 Sutra
im Yogadarshan zu finden. In einem Sutra erwähnt Patanjali das Asana, im nächsten
beschreibt er das Asana, im übernächsten, wie das Asana zu formen ist, und im
4. Sutra nennt er den Nutzen. Patanjali erwähnt namentlich kein einziges Asana
oder nennt seine körperlichen Wohltaten. Diese Ideen sind für ihn nicht von Wichtigkeit,
sein Hauptthema ist das Asana als Methode, die Polaritäten im Leben zu überwinden.
Nach dem Überwinden der Polaritäten und dem Erreichen der Ebene
dvandvateetha
können sich die Ebenen von
samatwam und
samabhava in einem manifestieren.
Die Essenz dieses Sutra ist, dass wir im Asana unser wahres Selbst festigen.
Dann ist das Gefühl von Zufriedenheit und Leichtigkeit vorhanden. Yoga existiert
nicht nur in einer Yogaklasse während der physikalischen Posen oder während einer
Atemkontrolle. Yoga sollte als "der Weg des Lebens" beschrieben werden.
Wir sollten das ganze Gemälde betrachten und nicht nur die Ränder der Leinwand.
Das Asana kann auch als Symbol für unsere evolutionäre Erfahrung betrachtet
werden. Es gibt Asanas inspiriert durch Amphibien, Reptilien, Säugetiere, Menschen,
Rishis und Götter oder geographische Elemente. Wenn wir unseren Körper in diese
Asanas hineinbewegen, um diese Erscheinungen zu imitieren, wandern wir bewusst
durch die evolutionäre Geschichte der Erde. Jedes Mal, wenn wir unsere Körperposition
verändern, ist dies eine Art Sterben im Sinne der evolutionären Fortentwicklung.
Wir realisieren zunehmend, dass wir nicht verloren gehen können und sublimieren
zunehmend unsere Angst vor Veränderungen. Menschen sind die einzigen Lebewesen
der Erde, die mit dieser Gabe gesegnet sind. Tiere sind von Geburt an in ihrem
Asana festgelegt. Eine Schlange kann nur eine Schlange sein, ein Hund bleibt stets
ein Hund und ein Fisch ist immer ein Fisch.
Aber als Menschen, benutzen wir
diese Gabe? Was geschieht, wenn wir dieses Erneuern nicht versuchen? Erneuern
wir uns wirklich fortwährend? Swamiji sagte oft: "Die evolutionäre Geschichte
ist nicht die Geschichte von wenigen Weiterentwickelten, sondern die Geschichte
von wenigen, die nach Weiterentwicklung strebten."
Bist Du auf
dem Wege zur Weiterentwicklung?
Übersetzung: Yogacharini Latha,
Korrektur: Henrike Bolte
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