Aus
dem Archiv der Gitananda Yoga Gesellschaft Deutschland e. V.
1.
November 2009
Ein yogischer Blick auf den Gesundtheitsbegriff
der W.H.O
von Dr. Ananda Balayogi Bhavanani
Die
Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Gesundheit als einen Zustand vollkommenen
physischen, mentalen und sozialen Wohlbefindens und nicht bloß als ein Ausbleiben
von Krankheit oder Gebrechen. Außerdem hat die WHO in der letzten Zeit auf eine
vierte Dimension, auf die "Spirituelle Gesundheit" hingewiesen, deren Begriffsbestimmung
jedoch nicht gelungen ist ohne sie mit Religion zu verwechseln. Aus Yogischer
Perspektive ist es ermutigend, dass die WHO Definition dem Wohlbefinden eine Bedeutung
beimisst, nämlich dass es ein grundlegender Aspekt des "Gesundseins" ebenso wie
des "sich Gesundfühlens" ist. Es nützt nichts, wenn ein Doktor seinen Patienten
erzählt, dass alle Untersuchungsergebnisse normal sind, und die Patienten sich
nicht wohl fühlen.
Diese qualitative Seite der Gesundheit ist etwas,
was Yoga und Indische Heilkundesysteme seit Tausenden von Jahren als wichtig erachtet
haben. Die Definition von
asana in den
Yoga Sutras als
sthira
sukham schließt diesen Zustand des dauerhaften Wohlbefindens auf allen Ebenen
des Daseins mit ein (
sthira sukham asanam Yoga Darshan II: 46). Ferner
berichtet uns Patanjali, dass wir durch die Übung von
asana einen Zustand
erreichen können, der jenseits der Gegensatzpaare (Dualitäten) liegt und zu einer
gelassenen und heiteren Verfassung führt (
tato dvandva anabhighatah Yoga
Darshan II: 48).
Yoga zielt auf die Befähigung des Individuums ab, ein
dynamisches Gefühl (
sukha sthanam) für physisches, mentales und spirituelles
Wohlbefinden zu erlangen und zu erhalten. Die Bhagavadgita erklärt Yoga als
samatvam
und meint damit Ausgeglichenheit auf allen Ebenen (
yogasthah kurukarmani sangam
tyaktva dhananjaya siddiyasidhyoh samobutva samatvam yoga uchyate Bhagavad
Gita II: 48). Dies kann auch als Zustand vollkommener Gesundheit verstanden werden,
wo ein Gleichgewicht der Körperfunktionen und mentale Ausgeglichenheit in abgestimmter
und gesunder Harmonie auftreten.
Eine der größten Lücken der WHO Definition
liegt in der Anwendung des Ausdrucks "Zustand", der unterstellt, dass Gesundheit
etwas ist, dass man ein für alle Mal erhalten hat und sich danach nicht mehr darum
zu kümmern braucht. Dem ist eindeutig nicht so. Wir müssen an unserer Gesundheit
hart arbeiten mit großer Kraft und tatkräftigem Enthusiasmus unser ganzes Leben
lang. Wenn Gesundheit als Zustand verstanden wird, dann notwendigerweise als ein
dynamischer, der sich von Tag zu Tag und oft von Minute zu Minute ändert. Es ist
häufig tatsächlich schwieriger, diesen dynamischen Gesundheitsstand (Zustand)
zu erhalten als ihn gar überhaupt erst zu erreichen. Fragen Sie beliebige Weltspitzensportler
und sie werden diese natürliche Wahrheit bezeugen, die für Sport ebenso wie für
das Leben selbst gilt.
Übersetzung: Markus Häussler
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